
Warum ich mit fiktiven Charakteren arbeite
Sind die Menschen auf meinen Porträts echt?
Diese Frage wurde mir auf der Discovery Art Fair besonders oft gestellt – und sie ist so spannend wie berechtigt. Wer meine Werke betrachtet, erkennt oft emotionale Tiefe in den Gesichtern, spürt etwas Echtes, etwas, das berührt. Umso verständlicher ist der Wunsch zu wissen:
Die kurze Antwort: Nein, sie existieren nicht.
Die längere Antwort möchte ich in diesem Beitrag mit euch teilen.
Fiktive Charaktere mit echtem Ausdruck
Die Menschen in meinen Bildern sind fiktive Figuren – und dennoch tragen sie sehr reale Züge. Sie wirken lebendig, verletzlich, stolz, nachdenklich oder ruhig. Um diese Tiefe zu erzeugen, arbeite ich mit fotorealistischen Referenzen, die ich mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) generiere. Das bedeutet: Ich beschreibe der KI, wie mein Modell aussehen soll – mit all den Details, die mir wichtig sind – und erhalte daraufhin ein Bild, das als Vorlage für meine Malerei dient.
Jedes dieser Bilder ist ein Unikat. Selbst wenn jemand anderes denselben Prompt (also dieselbe Beschreibung) nutzen würde, käme ein anderes Ergebnis heraus. Die KI liefert mir also keine austauschbaren Stock-Fotos, sondern individuell generierte Referenzen, die nur für mein Werk existieren.


Warum ich mit KI-generierten Vorlagen arbeite
Diversität bewusst gestalten
In meiner Kunst sollen sich möglichst viele Menschen wiederfinden – oder zumindest Teile von sich selbst. Hautfarbe, Alter, Geschlechtsausdruck, Körperform oder andere Merkmale lassen sich mit KI gezielt gestalten. So kann ich gezielt queere, nicht-normative, vielfältige Identitäten sichtbar machen – auch über gesellschaftliche Repräsentationslücken hinweg
Fokus auf Emotion statt Biografie
Wenn die dargestellten Personen reale Menschen wären, würde sich die Aufmerksamkeit automatisch auf sie richten – auf ihre Geschichte, ihre Identität. Doch in meiner Kunst geht es nicht um „sie“, sondern um das, was sie ausdrücken. Gefühle, Gedanken, Stimmungen. Ich wünsche mir, dass Betrachter*innen sich emotional berührt fühlen, Fragen stellen, Resonanz spüren – unabhängig von der realen Existenz einer Person.
Künstlerische Freiheit & Kontrolle
Die Arbeit mit KI erlaubt mir maximale Freiheit. Ich bin nicht auf Fotosessions angewiesen, nicht gebunden an die Verfügbarkeit realer Modelle – sondern kann exakt die Vorlagen erzeugen, die meiner künstlerischen Vision entsprechen. Das ist nicht nur effizient, sondern gibt mir auch einen ganz neuen kreativen Spielraum.
Die Kunstfigur als Spiegel
Meine Porträts zeigen also keine bestimmten Menschen – und doch sind sie nicht „beliebig“. Ich erschaffe Charaktere, die sich anfühlen wie echte Personen. Vielleicht, weil wir alle solche Gefühle kennen. Vielleicht, weil sie uns an jemanden erinnern. Vielleicht, weil sie etwas in uns spiegeln, das wir nicht in Worte fassen können.
Wenn du dich also fragst, wer auf einem Bild zu sehen ist – dann lautet meine liebste Antwort:
Vielleicht ein Teil von dir.

Lukas Moll
Queere Kunst aus Köln

About
Queere Kunst ist mehr als nur die Darstellung queerer Themen – sie ist ein Ausdruck von Lebenserfahrungen, Gefühlen und Kämpfen, die tief in der Identität und Geschichte der queeren Gemeinschaft verwurzelt sind.